(Terravino im Jahre 1018)
Nach einem schier endlosen Kampf durch Unmengen an Windungen und Verwinkelungen hatten die Windklingen endlich den Turm hinter sich gelassen. Selbst der obskure Wahrsager, Weissager, Weißmacher oder was auch immer hatte den Freunden das Gefühl vermittelt, dass sie ihre Aufgabe mehr als nur erfüllt hatten. Auf dem Weg zurück zu ihrem mittlerweile als “Heimat” bezeichnetem Habitat, machte sich die späte Kälte des Winters bemerkbar. Obwohl die Abenteurer schon Knospen sahen, war der Frost wieder Herr des Landes geworden.
Als sie in Sichtweite des Gehöft kamen, konnten sie Rauchschwaden erkennen, die aus dem Kamin aufstiegen. Der Kamin wurde wohl befeuert…doch durch wen? Die Gruppe hielt kurz inne. Tarnis spannte seinen Bogen und nockte sicherheitshalber ein. Auch Kaya machte sogleich ihre Armbrust bereit…
“Wie nett, da hat uns jemand Feuer gemacht. Lasst uns ihm zum Dank einen Bolzen schenken”, sagte sie und duckte sich ins hohe Gras um sich an das Gebäude anzuschleichen.
Die anderen taten es ihr gleich und gemeinsam gelang es den Freunden, den Zugang zu sichern. Von außen konnten sie feststellen, dass sich scheinbar lediglich im Hauptraum jemand aufhielt…und ein Liedchen brummte!?
Sie drangen in die Stube ein und umstellten einen Fremden, der an ihrem Feuer saß. In aller Seelenruhe blickte dieser die Windklingen an und stand schließlich gemächlich auf. Kaya staunte nicht schlecht, als sie Pavel erkannte, der im Arm des Fremden lag und sich von diesem kraulen ließ. Auch Garaf lag ruhig vor dem Feuer, nahm nur kurz Notiz von den Freunden ehe er sich wieder müde hinlegte und weiter döste. Zumindest ging es den beiden Vierbeinern gut, dachte Kaya aber wer war der Mann, der sich hier frech wie rotz in ihrem Heim breit machte?
Der Mann war groß, ca. 1,90m und hatte dunkles, fast schwarzes Haar, das nach hinten gekämmt war, nicht kurz und nicht lang. Genauso unbeständig war sein Bartwuch, den er nur um den Mund trug. Seine Gesichtszüge waren hart und markant, aber auch leicht verschmitzt. Man könnte durchaus sagen, dass er nicht unattraktiv war, dachte sich Kaya…schade um das Gesicht wenn sie ihm die Augen ausstechen würde. Doch bevor es dazu kam, grinste der Fremde und stellte sich mit einem slawischen Dialekt vor:
“Vladimir Valerie Vasili Viktor…herzlich willkommen!”
Die Freunde standen da wie angewurzelt, zu grotesk erschien die Szenerie. Feindlich schien er schonmal nicht gesinnt zu sein…wie auch immer…Kaya schritt energisch auf ihn zu und nahm Pavel zu sich. Durch den Sturz vom Turm waren seine Hinterläufe wohl gebrochen, doch scheinbar hatte ihn der Fremde…Vladimir wie auch immer ihn versorgt und es ging ihm den Umständen entsprechend.
“AUTSCH”!
Scheinbar hatte Pavel jedoch nicht vergessen, wem er den Sturz verdankte, denn er biss Kaya beherzt in die Hand und trollte sich knurrend und fauchend zu Garaf ans Feuer. Der Fremde grinste nur. Wie gern sie ihm sein Grinsen doch aus dem Gesicht schlagen würde.
“Verzeiht mein Eindringen aber draußen war es kalt und der kleine hier hatte etwas Hilfe nötig. Ich dachte zuerst, der Wolf wollte ihn fressen als ich ihn mit dem Waschbär im Maul vor dem Haus sah…”
Vladimir erzählte, dass er im Auftrag des Jarls komme und einen wichtigen Auftrag für die Windklingen hätte, der keinen Aufschub duldete. Die Klingen überlegten nicht lange und sagten zu. Bolli zog es ohnehin in die Heimat als er nur “Jarl” gehört hatte.
Sie nächtigten zumindest noch für eine Nacht in ihrem so selten genutzten zu Hause und am nächsten Morgen brachen Rosa, Tarnis, Cord, Bolli, Rory und Vladimir auf. Kaya blieb auf dem Gehöft da Pavels Verletzungen noch nicht ganz verheilt waren. Der Fremde hatte gute Arbeit geleistet, ein paar Tage und Pavel würde wieder auf dem Damm sein.
Einige Tage schon war Kaya nun alleine auf dem Hof. Nach unzähligen Streicheleinheiten und Unmengen an Speck und Käse hatte sie sich Pavels Zuneigung wieder verdient und als sie schon dachte, es könnte langsam langweilig werden, bekam sie unerwarteten Besuch.
Sie war gerade hinter dem Haupthaus und hackte Holz, als Pavel plötzlich von seinem kleinen Sonnenbad aufschaute und die Nase schnuppernd in die Luft hielt. Sofort sprang er auf und watschelte in Richtung Wohnstube. Jetzt hörte Kaya auch ein Geräusch, das von drinnen kam. Das konnten nur die anderen sein, also hob Kaya den gefüllten Feuerholzkorb auf und ging hinein um ihre Freunde zu begrüßen. Doch anstelle der restlichen Windklingen stand da wieder diese Fremde im Zimmer…wie war doch gleich sein Name? Fladen?
“Anklopfen ist dir wohl ein Fremdwort”, rief Kaya ihm entgegen und ließ den Feuerholzkorb zornig auf den Boden fallen.
“Verzeihung”, antwortete Vladimir, wobei er das “R” extrem rollte, “ich habe Nachricht von deinen Freunden und soll dich zu ihnen bringen. Sie warten in Greyhold auf dich. Keine Sorge, es geht ihnen gut…wieder…zumindest als ich sie verlassen habe. Es reicht wenn wir morgen in der Frühe aufbrechen. Wir können mein Pferd nehmen dann sind wir in wenigen Stunden da.” Und mit diesen Worten setzte er sich ans Feuer und legte einen Holzscheit nach.
Kaya war sprachlos über die grenzenlose Dreistigkeit dieses Kerls.
“Setz dich zu mir und ich berichte dir, was deine Freunde die letzten Tage erlebt haben während du hier…Ferien gemacht hast?”, sagte Vladimir verschmitzt und rutschte Kaya einen zweiten Sessel zurecht.
“Also das ist jetzt wirklich…du…und wie…häh?”
Völlig baff schaute sie ihn an und setzte sich dann aber ebenfalls ans Feuer, was hatte sie auch anderes zu tun?
“Aaalso…” Vladimir berichtete, wie sie im Auftrag des Jarls nach Dunkeltann gereist waren, auf dem Weg von Räubern überfallen wurden aber es doch noch schafften. Irgendwo dazwischen gabelten sie noch Jamie auf, der den Windklingen damals in Aureastett zu ihren Bürgerbriefen verholfen hatte und in den sich Rosa unsterblich verliebt hatte. Am Ende erhielten sie die Gunst des Jarls, der alle Fahndungen nach den Windklingen in Kargenfels für nichtig erklärte.
“So weit so gut”, dachte sich Kaya, also eine ganz normale Woche bei den Windklingen…
Der Abend brach herein und die Zeit verging wie im Fluge. Während Vlads Berichts hatten die beiden schon den ein oder anderen Met vernichtet und waren mehr als nur angeheitert. Vlad bestach mit Charme bei seinen abenteuerlichen Geschichten.
“Hast du nichts anständiges zu Trinken hier?”, fragte er, als er schmollend den leeren Krug in der Hand schwenkte.
Natürlich hatte Kaya auch etwas anständiges zu Trinken da…Bester Wodka von den Kosaken, den Kaya für eine besondere Gelegenheit aufheben wollte…aber dieser Abend war so gut wie jeder andere und Vlad würde den guten Tropfen wenigstens zu würdigen wissen.
Seltsam, so stark hatte Kaya den Wodka gar nicht mehr in Erinnerung gehabt.
“Hui, da kommen wir der Sache doch schon näher”, hustete Vlad nach seinem ersten Schluck, schenkte sich jedoch gleich wieder nach. “lass uns um unsere Kleidungsstücke würfeln…”
Das waren so ungefähr die letzten Worte, die Kaya noch bei klarem Verstand wahrnahm…das eine führte zum anderen und…nun ja…
Am nächsten Morgen wurde Kaya durch den Duft von frisch gebrühtem Kaffee und einem verschmitzt grinsenden Vladimir geweckt. Nun gut, wir sind beide erwachsen und es war ja einmalig…und der Kaffee riecht verdammt gut, dachte sich Kaya, stand schulterzuckend von ihrem Nachtlager auf und gesellte sich kommentarlos zu Vlad an den Tisch.
Nach einem ausgiebigen Frühstück, bestehend aus gebratenem Speck und einer guten Portion Scham machten sich Vlad und Kaya auf Vlads Pferd auf nach Greyhold. Vlad plapperte hierbei wie ein Wasserfall über Gott und die Welt, was Kaya entgegen kam, wusste sie ehrlich gesagt nicht, was sie sagen sollte.
In Greyhold angekommen, entdeckten Kaya und Vlad im Hafen auch recht schnell die Windrose vor Anker liegend.
Vor und auf dem Schiff erblickte Kaya auch gleich ihre Freunde, die sich scheinbar lautstark über irgendetwas zankten…also auch nichts neues. Einzig eine Person gehörte nicht ins übliche Bild der Windklingen.
“Geh mir aus dem Weg wenn wir dich schon mitnehmen müssen”, schnaubte Bolli und schubste einen jungen Mann vor sich weg, der sich an der Reling festkrallte und sich sogleich auf die Bretter niederließ.
“Ich hab's euch schonmal gesagt, dass er bleibt und damit basta!” rief Rosa.
Der Fremde sah äußerst mitgenommen aus und war scheinbar stark angetrunken, denn er lallte vor sich hin und schwankte unkontrolliert hin und her. Sie hatte ihn zwar nur einmal gesehen aber bei dem Trunkenbold handelte sich eindeutig um Jamie, den die Windklingen einst bei ihrem Amtsbesuch in Aureastett kennen gelernt hatten.
“Hallo Kaya!” Tarnis und Rosa erblickten Kaya als erste und begrüßten sie.
Scheinbar war Kaya gerade in eine hitzige Diskussion über den weiteren Verbleib von Jamie hereingeplatzt. Bis auf Rosa waren wohl alle eher der Meinung, der verkappte Penumbraner und Betrüger solle sich zum Teufel scheren. Rosa jedoch beharrte darauf, dass sie sich noch eine Weile um ihn kümmern sollten. Kurzum…Jamie durfte bleiben. Und nicht nur das, unter den zornigen Blicken von Bolli schnappte Rosa Jamie und schob ihn vor sich her in Richtung Händlerviertel um ihn, wie sie lautstark verkündete, neu einzukleiden und aufzuhübschen. Kaya schüttelte nur den Kopf, ging jedoch ebenfalls ins Händlerviertel um einige Sachen zu kaufen.
“Hmm”, machte Tarnis, stopfte sich eine Pfeife und setzte sich an Deck der Windrose. Auch Vlad und Cord blieben dort.
Während Rosa also mit Jamie zum Schneider und Barbier ging, Rory derweil einige Kupfer mit Geschichten erzählen verdiente, Bolli schonmal in den “Anker” ging und der Rest bei der Windhose blieb, kaufte Kaya beim Gemischtwarenhändler Vorräte und Ausrüstungsgegenstände.
Im Anschluss suchte sie noch den ominösen Kuriositätenladen auf, von dem sie bisher nur gehört hatte. Hier stieß auch Rory zu ihr und stöberte ebenfalls in dem Laden, erwarb dieses Mal jedoch glücklicherweise keine verfluchte Affenhand oder dergleichen. Kaya machte derweil einen Kelch aus dem Vampirturm zu barer Münze und erwarb im Gegenzug einen Silberring mit Geheimfach für Gewürze oder andere…Pülverchen.
Sogar Pavel wurde fündig und erbeutete ein Beutelchen mit Süßholz, welches Kaya und Rory auf dem Weg zurück zum Schiff sofort kosteten. Kaya musste eindeutig noch weiter an seinen Tricks arbeiten…Die Meinung bzgl. lohnenswerter…“Fundstücke” gingen bei Kaya und ihrem kleinen Begleiter doch stark auseinander. Einige Leute, denen sie in den Straßen und Gassen begegneten, drehten sich zu ihnen um und manch einer pfiff ihnen sogar bewundernd nach. Kein Wunder, dachte sich Kaya, so verdammt gut aussehend wie sie beide nunmal waren.
Neben Rosa erblickte Kaya einen recht adretten jungen Mann, der äußerste Ähnlichkeit mit Jamie hatte, nur in neuer Kleidung und frisch rasiert. Betrunken war er jedoch immer noch… Rosa erzählte irgendetwas von Jamies Bruche und seinem Sack…auf jeden Fall hielt sie den anderen Windklingen plötzlich eine Karte vor die Nase und verkündete, dass es sich hierbei um eine Schatzkarte handle.
“Die hat Jamie mir gegeben. Und ein Rätsel, wie sie zu lesen sei…Die Vier Großen treffen sich in der Mitte, gehen dann zum wichtigsten Punkt, die gleiche Strecke darüber hinaus und sind am Ziel…”
Was auch immer nun der weitere Plan sei, am heutigen Tage würden die Windklingen nirgends mehr hingehen und so wollten sie die Nacht im “Anker” verbringen, wo Bolli ohnehin schon auf sie wartete. Gemeinsam am Tisch steckten sie die Köpfe über der Karte zusammen und kamen nach kurzem Kopfzerbrechen und Grübeln und Zeichnen in der Karte darauf, dass der Schatz, sollte es denn einen geben, bei Steadfast Keep zu finden sein müsste. Bolli drohte Jamie zwar mehr als nur einmal Prügel an wann immer dieser den Mund aufmachte, jedoch sagte Jamie, dass es sich hierbei wohl um die Kriegskasse von Steadfast Keep handeln müsse und er es alleine nicht dorthin geschafft habe, da dieses Gebiet von Barbaren nur so wimmelte.
Die Frage “ob sie gehen sollten” stellte sich eigentlich nicht so richtig, denn die Aussicht auf einen Schatz erfüllte die Windklingen mit Abenteuerlust und so wollten sie sich am nächsten Morgen Pferde leihen und nach Steadfast Keep reisen. In der Taverne “zum Anker” mieteten sie sich Schlafplätze und aßen zu Abend. Kaya wollte noch das Leihen der Pferde abklären und Vlad erklärte sich bereit, sie zu begleiten…wollte er doch ohnehin nach seinem Pferd im Stall schauen…
In der Taverne wurde es derweil noch ein feucht fröhlicher Abend welcher damit endete, dass Rosa Jamie endlich zu Bett brachte…
Nach einer durchzechten und schamlosen Nacht im “Anker” (schamlos für Rosa und Jamie…) ritten Rosa, Tarnis, Bolli, Rory, Kaya sowie Vlad und Jamie nach Steadfast Keep. Cord, wollte derweil auf das Schiff aufpassen und eventuell noch einige Verbesserungen daran vornehmen…vielleicht wollte er aber auch einfach mal nur die Ruhe genießen…
Nach Steadfast Keep waren es nur wenige Stunden und zur Mittagsstunde erreichten die Freunde die Festung nahe der Grenze zu Kargenfels. Ihre erste Anlaufstelle war natürlich erst einmal die Taverne, wo sie sich nach den Barbaren aus dem nördlichen Gebirge erkundigten. Der Wirt jedoch konnte nur wenig Auskunft geben und verwies auf die Soldaten auf dem Exerzierplatz. Diese dürften mehr über die Geschehnisse außerhalb der Mauern zu berichten wissen. Auf dem Exerzierplatz angekommen wurden die Windklingen vorstellig beim Oberbefehlshaber Adam Blake und eine kleine Lüge später bzgl. ihrer Beweggründe und Legitimationen, durften sich die Freunde mehr oder weniger frei auf dem Gelände bewegen um die Soldaten von den Patrouillen zu befragen.
Die Freunde teilten sich auf und während Kaya und Rosa weniger brauchbare Informationen erhielten, dafür allerhand Eindrücke über die Kampfkünste der jungen Rekruten im Ring, Tarnis mal wieder gemütlich ein Pfeifchen rauchte, Jamie in der Taverne versumpfte und Vlad nichts tat außer zu atmen und zu beobachten, waren Bolli und Rory äußerst erfolgreich.
So erfuhr Bolli von einem alten Außenposten, der sich einst am Gebirgsausläufer des nördlichen Gebirgszuges zu Kargenfels befand. Im damaligen Krieg Spearfall wurden allerhand Schätze und Kostbarkeiten in Sicherheit gebracht, so auch die Kriegskasse aus Steadfast Keep, jedoch verschwanden auch viele Lieferung und erreichten nie ihr Ziel. So war es gut möglich, dass es sich bei dem Schatz um die alte Kriegskasse handeln könnte, die nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden konnte und daher in der Eile vor den Barbaren versteckt werden musste.
Rory erhielt weniger Informationen, dafür gelang es ihm jedoch, einen weiteren Mitstreiter für die Gruppe anzuheuern. Thoralf, der durchtrainierte und muskulöse Türsteher des Badehauses schloss sich als Ortskundiger den Windklingen für ihr kleines Unterfangen an.
Noch am selben Tag ritten die Windklingen los in Richtung Gebirge im Norden und grob in Richtung des alten Außenpostens. Schon bald verließen sie den schützenden Wald und begaben sich auf höheres, jedoch karges und ungeschütztes Terrain von wo aus sie eine gute Sicht auf das Gelände hatten. Die Barbaren hielten sich hierzulande ohnehin sowohl in den Wäldern als auch im Gebirge auf, weshalb es also egal war, welchen Weg die Windklingen einschlugen.
Es fing bereits an, zu dämmern als die Freunde tiefes Donnergrollen vernahmen und kurz darauf ein Gewitter aufzog. Binnen kürzester Zeit waren alle durchnässt bis auf die Knochen und zudem wehte ihnen ein kalter Wind um die Ohren. Aufgrund mangelnder Alternativen zogen die Windklingen weiter Richtung Norden, das Tal und die Wälder zur Linken und eine massive Felswand zur Rechten. Die Windklingen waren schon kurz davor, umzukehren als sie einen Felsvorsprung entdeckten, der gerade groß genug war, um der Gruppe zumindest Schutz vor dem Regen zu spenden. Da standen sie nun, durchnässt und durchgefroren und drängten sich eng zusammen, damit niemand im Regen stehen musste. Die Blitze erhellten die Umgebung in grelles Licht und verwandelten die Felsformationen in bedrohlich wirkende Schatten. Jetzt hieß es erst einmal abwarten…ohne Tee. Doch so schnell wie das Gewitter aufgezogen war, so schnell ließ es auch nach und Blitz und Donner zogen glücklicherweise weiter. Mittlerweile war die Nacht herein gebrochen und ohne das blendete Blitzlicht entdeckten die Windklingen in einigen hundert Metern Entfernung ein Licht. Es sah ganz nach dem Schein eines Feuers aus, doch welches Feuer brannte bei Regen?
Die Windklingen entschlossen sich dazu, die Pferde zunächst unter dem Felsvorsprung zu lassen und sich dem vermeintlichen Feuer vorsichtig zu nähern. Je näher sie kamen, desto deutlicher war zu erkennen, dass es sich tatsächlich um ein Lagerfeuer handelte. Die Gruppe blieb in sicherem Abstand stehen und Tarnis und Kaya schlichen die letzten Meter durch das hüfthohe Gras näher an die Stelle heran um genaueres herauszufinden. Als sie kurze Zeit später wieder zurückkamen, berichteten sie, dass es sich um eine alte Turmruine handelte, in der ein größeres Lagerfeuer brannte, geschützt durch ein Jurtedach ohne Seitenwände. Vier Zelte standen noch in der Ruine und um das Feuer herum saßen Barbaren. Kaya schätzte die Anzahl auf acht, Tarnis hingegen war sich sicher, dass es sicherlich zwanzig gewesen sein mussten…also irgendetwas dazwischen würde wohl stimmen.
Nun war die Frage, was zu tun sei. Die Vermutung lag nahe, dass es sich bei der Turmruine um den alten Außenposten handelte, den die Freunde gesucht hatten, nur war er nun besetzt durch eine kleine oder größere Gruppe Barbaren, die gemütlich ums Feuer saßen. Es gab nun die Möglichkeit, den Überraschungsmoment auszunutzen und die Barbaren schlichtweg zu überrennen oder so lange zu warten, bis zumindest die meisten von ihnen schliefen und sie dann schlichtweg zu überrennen. Diese Entscheidung jedoch wurde der Gruppe glücklicherweise abgenommen denn während die Windklingen sich in eine hitzige Diskussion verstrickten, bemerkten sie nicht, dass eine 2-Mann-Patrouille, die um das Lager kreiste und langsam aber sicher in ihre Richtung zusteuerte. Noch hatten die zwei die Windklingen nicht bemerkt aber das war nur noch eine Frage von wenigen Augenblicken da sich die Deckungsmöglichkeiten in Grenzen hielten.
Vlad und, zu Kayas Überraschung, auch Jamie handelten blitzschnell ohne Vorwarnung und sowohl eine Wurfaxt als auch ein Pfeil fanden ihr Ziel in den Köpfen der beiden Barbaren. Leider gab hierbei einer der beiden noch einen Schrei von sich bevor auch er wie sein Kamerad tot zu Boden fiel. Jetzt ging alles sehr schnell und aus dem Lager stürmten die Barbaren in Richtung des Schreis und die Windklingen zückten ihre Waffen um sich der Übermacht entgegen zu stellen. War das nun sein Ernst, dachte sich Kaya als Vlad wegrannte. Kurz bevor die Dunkelheit ihn jedoch verschlucken konnte, sah sie noch wie ein weiterer Barbar fiel, der mit anderen Spähern versucht hatte, die Windklingen von der Flanke aus anzugreifen. Thoralf eilte ihm zu Hilfe und so konnten sich die Windklingen auf die vom Lager aus kommenden Barbaren konzentrieren.
Und was sie sahen, sah nicht gerade gut aus denn nicht nur, dass Kayas Schätzung von acht Mann leicht untertrieben war, nein, inmitten der anstürmenden Horde von Speerträgern und Bogenschützen stand eine Art Schamane, flankiert von einem, eine Nagelkeule schwingenden, Hünen und dem scheinbaren Anführer der Barbaren.
Plötzlich stand jedem der Windklingen mindestens ein Angreifer gegenüber. ZACK - Bolli wurde von einem Speer getroffen und ging leicht in die Knie. Der Schamane war mittlerweile stehen geblieben, legte den Kopf in den Nacken und streckte die Arme in die Luft während er unverständliche Worte sprach. Kaya war nicht bewandert auf diesem Gebiet aber sie glaubte nicht, dass der Zottelbart nur sein normales Mitternachtsgebet sprach. Noch beeindruckender als dieses Schauspiel war jedoch der Anführer, der neben dem Schamanen stand und sich doch tatsächlich selbst mit seiner Axt ins Fleisch schnitt. Es gab schon komische Leute, dachte Kaya noch bei sich, bevor sie mit Entsetzen begriff, dass sie wohl einem Berserker gegenüber standen, dieser Kampf konnte ja noch interessant werden.
Rory, bislang noch unentdeckt von den Barbaren, robbte sich durch das Gras zu Bolli und riss ihm geistesgegenwärtig seine Kette vom Hals. Bolli verfiel daraufhin in einen Kampfrausch, kurz bevor der Barbarenanführer ihn erreichte und sich mit ihm einen erbitterten Kampf lieferte.
Aber auch die restlichen Windklingen befanden sich kurzerhand in wilden Kämpfen, wehrten Speerangriffe ab und versuchten, Pfeilen auszuweichen. Tarnis’ Pfeile surrten durch die Luft und fanden nicht nur einmal ihr Ziel. Rorys Peitsche wütete unter den Barbaren ebenso wie Rosas Steinschleuder und auch Vlad, Jamie und Thoralf streckten nach und nach Angreifer nieder.
Doch trotz all der Gegenwehr schienen die Barbaren nicht weniger zu werden. Nachdem Kayas Attacke auf den Schamanen ergebnislos blieb, griff sie nun zu härteren Mitteln. Rasch kramte sie den Zauberstab des Vampirfürsten aus ihrer Tasche und richtete ihn auf den Schamanen. “Gleiches mit Gleichem” dachte sich Kaya und fuchtelte mit dem Stab herum. Und tatsächlich, wie schon in ihrem letzten Abenteuer im Turm entlud sich aus der Spitze des Zauberstabes ein greller Blitz, der durch die Nacht schoss…sich vor dem Schamanen spaltete und Bolli und Thoralf traf, die daraufhin beide zurück geschleudert wurden.
Der Schuss ging im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten los und Kaya beschlichen Zweifel, dass sie diese Begegnung überleben würden. Bolli und Thoralf waren angeschlagen, standen jedoch noch auf eigenen Beinen und schlugen sich weiterhin tapfer. Unter den toten Barbaren befand sich bald auch der Berserker und die Zahl der Gegner dezimierte sich langsam aber stetig.
Doch noch stand den Windklingen ein besonderer Gegner bevor. Der Schamane hatte mittlerweile sein Ritual beendet und stürmte nun in Bärengestalt auf die Windklingen zu. Bolli trat ihm todesmutig entgegen und rang mit ihm.
Kaya hatte mittlerweile Zauberstab gegen Schwert getausch und wehrte mehr ab als dass sie selbst Treffer setzte. Rosa war an anderer Stelle mittlerweile zu Boden gerissen worden und lieferte sich einen üblen Ringkampf mit einem Barbaren. Auch Vlad, Jamie und Thoralf hatten schon einiges einstecken müssen, kämpften aber tapfer weiter.
ZISCH - ein Pfeil surrte durch die Luft und traf den Schamanenbären direkt in den Kopf. Bolli hatte wieder Luft, blutete jedoch stark. Auch Rory hatte es schwer erwischt und lag mittlerweile bewusstlos auf dem Boden. Kaya gelang es mit Hilfe von Tarnis und Vlad, sich frei zu kämpfen und eilte zu Rory, um ihm einen Heiltrank zu verabreichen, der ihn zumindest wieder zu Bewusstsein brachte und die Blutungen zu stillen schien.
Kaya blickte sich um. Rosa hatte sich zwischenzeitlich wieder befreien können und wütete in Hobbitmanier unter den Angreifern, wenn auch nicht mehr unverletzt. Bolli hingegen schien es stark erwischt zu haben und etwas weiter weg vermutete Kaya auch Tarnis unter den am Boden liegenden Verwundeten, denn Garaf, der plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht war, stand schützend vor dem am Boden Liegenden und versenkte seine Zähne in jeden, der ihm zu nahe kam.
Nachdem ihre stärksten Kämpfer nun tot waren, fielen auch die wenigen verbliebenen Barbaren und die Windklingen konnten durchschnaufen. Kaya und Rosa verteilten noch ihre restlichen Heiltränke an Tarnis und Bolli. Alle hatte Blessuren und teilweise größere Verletzungen davongetragen aber alle Windklingen hatten überlebt. Rosas letzter Heiltrank und besondere Pflege ging natürlich an Jamie und auch Kaya stellte beruhigt fest, dass auch Vlad noch wohlauf war.
Nach kurzer Erholungspause, denn allzu lange wollten sich die Freunde in dem gefährlichen Gebiet nicht mehr aufhalten, durchsuchten die Windklingen das Lager der Barbaren und die Turmruine. An den Mauerresten entdeckten Tarnis und Bolli eine Stelle, an der scheinbar vor kurzem frisch gegraben worden war und in einem der Zelte fanden Rory, Rosa und Kaya eine große Kiste, von der sie hofften, dass es sich um die gesuchte Kriegskasse handelte. Um das herauszufinden, mussten sie zunächst das Schloss knacken, was jedoch mittels Dietrichen schnell erledigt war. Im Inneren der Kiste klackte etwas.
“Geschafft”, freute sich Kaya, während sich Rosa und Rory geistesgegenwärtig ein Tuch vor den Mund hielten um das giftige Gas nicht einzuatmen, welches durch das Auslösen der Falle nun aus der Kiste strömte.
Kaya wurde schwindelig und übel und sie stakste aus dem Zelt. Rosa eilte ihr hinterher und verabreichte ihr schnell ein Gegengift
“Mittlerweile bin ich froh, dass wir in dem Vampirturm waren, die Phiolen haben sich wirklich gelohnt”, sagte Rosa und bald ging es Kaya wieder besser.
Die Absuche der Leichen ergab nichts nennenswertes abgesehen vielleicht von einem Schlüssel für die Kiste, in der die Windklingen im Übrigen 8000 Silber vorfanden. Aufgrund ihrer guten Erziehung, erwägte die Gruppe zumindest kurz, die Kiste den rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Nach einem Überschlagen ihrer bisherigen Spesen und Aufwendungen verwarfen sie die Idee jedoch recht schnell und teilten das Geld untereinander auf. Auch ihre Begleiter Jamie, Vlad und Thoralf erhielten ihre Belohnung, hätten die Windklingen es doch ohne die drei dieses Mal vermutlich nicht geschafft.
Ihr nächstes Ziel lautete nun erst einmal wieder Steadfast Keep und im Anschluss Greyhold, wo Cord hoffentlich noch auf dem Schiff auf sie alle wartete.
Kaya für ihren Teil könnte sich mit der Heimreise durchaus noch Zeit lassen, bedeutete dies doch, dass Vlad die Gruppe vermutlich bald verlassen würde…