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Veraxio sehen und sterben - Teil I

So verabschiedeten sich die Windklingen also von Diego und der kleinen Taverne und brachen auf nach Rivida. Von dort aus sollte es dann weitergehen nach Veraxio.

Der Kutscher würde seine vier Pferde ja nun nicht mehr vermissen und so bestiegen Tarnis, Rory, Cord und Bolli die Pferde während die beiden Hobbits jeweils hinter Tarnis und Cord Platz nahmen. Kaya hätte eigentlich, den Umständen ihrer unfreiwilligen Verwandlung in einen Helbling entsprechend, üble Laune haben müssen, zudem hatte sie trotz des reichhaltigen Frühstücks schon wieder Hunger, und trotzdem war ihr leicht ums Herz und sie stimmte sogar in Rosas lustigen Singsang mit ein - sehr zum Leidwesen der anderen.

Nützliches in Rivida

In Rivida angekommen, lotsten Rosa und Kaya die Freunde sogleich in die örtliche Taverne um ein zweites Frühstück einzulegen. Cord ging derweil auf der Suche nach einem Kartographen in der kleinen Stadt umher und fand jemanden, der annähernd ein solcher war. Patrick von der Weih war zwar kein ausgebildeter Kartograph, verkaufte jedoch teilweise Karten der Umgebung und vor allem Informationen. Cord verstand sich auf Anhieb gut mit seinem “Kollegen” und versprach ihm, noch heute nach seinem Assistenten in Twinport zu schicken, der Patrick ein paar Karten von Terravino zukommen lassen sollte. Im Laufe des Gespräches tranken die beiden guten Met, fachsimpelten über dies und das und Cord erzählte Patrick schließlich von ihrem Vorhaben, nach Veraxio zu reisen.

“Wenn du wirklich nach Veraxio willst,” begann Patrick verschwörerisch, “dann hör gut zu. Wenn du nicht gesehen werden willst, geh über die Berge. Wenn du Informationen sammeln willst, dafür aber in Kauf nimmst, vielleicht gesehen zu werden, geh über Refugium. Willst du zurück, so gehe über Vicus. Verlasse Veraxio auf keinen Fall über Refugium mit etwas oder jemandem, mit dem du nicht über Refugium eingereist bist. Halte dich nachts nicht draußen auf und vor allem nicht dort wo der Nebel ist. Gehe nirgends hin, wo es scheint, interessant zu sein und nimm auf keinen Fall etwas mit, das interessant aussieht!”

Cord bedankte sich und verabschiedete sich mit einem mulmigen Gefühl von dem Kartographen und ging zurück zu den anderen in die Taverne.

Margot

In der Taverne wurden die Windklingen von Margot, der quirligen Wirtin bewirtet. Margot lachte und scherzte und plapperte wie ein Wasserfall, selbst als sie schon wieder in der Küche verschwand. Rosa und Kaya folgten ihr und da der Herr des Hauses gerade nicht zugegen war, lud Margot die beiden Hobbits in die Küche ein. Kaya lobte den hervorragenden Eintopf und Margot strahlte über beide Ohren. Rosa, der sich ein Verdacht erschlich, fragte Margot nach etwas, das…glücklich macht…vielleicht etwas kristallartiges. Margot stutzte kurz und schaute sich um, dann begann sie zu kichern und bot Rosa und Kaya verschwörerisch ihr “Zuckerwasser” an. Rosa stieß gerade mit Margot an, da hatte Kaya ihren Becher bereits geleert und grinste wie Margot wie ein Honigkuchenpferd. Rosa kippte ihren Tee unauffällig weg, denn ein Kristallabhängiger in der Gruppe war bereits genug. Kaya kaufte Margot unter dem tadelnden Blick von Rosa noch zwei Teebeutelchen ab und Rosa fragte nun, da Margot den beiden zu vertrauen schien, nach einem sicheren Reiseweg nach Veraxio.

Margot schaute sich noch einmal um doch außer den Dreien war niemand in der Küche. Dann sagte sie den beiden, dass sie am besten zu der alten Ruine nahe der Grenze gehen sollten. Sobald sie die Ruine sähen, sollten sie sich hinsetzen und laut rufen, dass es ja so schade sei, dass es hier keine Kutsche gäbe. Für 20 Silber pro Kopf würde ihnen dann geholfen werden.

Alle füllten noch ihre Vorräte auf und bereiteten ihre Weiterreise vor. Zuvor suchte Kaya jedoch noch den ortsansässigen Schmied auf, um ihm den Ring zu zeigen, in der Hoffnung, er möge ihn entfernen können. Dessen optimistischer Enthusiasmus wurde jedoch jäh gebremst als seine massive Zange an dem Ring einfach zerbrach. Kopfschüttelnd bot er noch an, den Finger abzutrennen, denn diesen Ring würde man mit handelsüblichen Mitteln nicht öffnen können. Kaya, die doch zu sehr an ihrem Finger hing, bedankte sich aber verneinte und verließ mit Ring am Finger und noch immer haarigen Füßen die Schmiede. War das normal, dass sie schon wieder Appetit bekam?

traue keinen Fremden...vor allem wenn es Windklingen sind

Zu Fuß machten sich die sechs Freunde auf zur Ruine und ihrer ominösen Mitfahrgelegenheit. Ihr Weg wurde nur einmal unterbrochen von einem Wegelagerer, der mit zwei Pistolen auf die Reisenden zielte. Schon wieder? Nein, eine solche Szenerie hatten die Windklingen erst vor kurzem gehabt und auf eine Wiederholung hatten sie alles andere als Lust, vor allem da Rory auch hier wieder mehrere Personen entdeckte, die sich im umliegenden Gebüsch versteckt hielten. Kurzerhand übernahmen Rosa und Kaya die Gesprächsführung und überrumpelten den leicht einfältigen Nolan - wie er sich vorstellte - und überzeugten ihn im folgenden Gespräch, dass er sie in Ruhe ließ. Im Gegenzug verlangte er von den Windklingen, dass sie ihm auf ihrem Rückweg ein Fell einer dieser seltsamen, hundeähnlichen Bestien mitbringen sollten. Sie willigten ein und zogen weiter. Was für ein Trottel, dachte sich Kaya.

Die Kutsche

Und dann sahen sie sie, die Ruine nahe der Grenze zu Veraxio. In der Ferne tauchte der Schemen des einst so prachtvollen Wehrturms auf. Näher sollten sie nicht heran, das hatte Margot ihnen noch gesagt und so setzten sich Rosa und Kaya zu Boden und taten wie geheißen. Lauthals beschwerten sie sich, dass es hier weit und breit keine Kutsche gäbe. Cord verabschiedete sich derweil in die Büsche. Wenn es diese seltsame Kutsche überhaupt gab, würde sie wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Plötzlich raschelte etwas im Gebüsch vor ihm und zwei erschreckte Augen sahen ihn von Bodenhöhe aus an bevor ein schwarz weißes Fellknäuel im Unterholz verschwand. Pavel? Doch Pavel war es nicht denn der stob als zweiter Schatten dem fremden Tier hinterher und heraus aus dem kleinen Hain. Schnell hatte er den Fremdling eingeholt und beschnupperte ihn neugierig. Keifend und naserümpfend zog er sich jedoch sofort wieder zurück denn bei dem schwarz-weiß gestreiften Tier handelte es sich um ein Stinktier.

Die anderen verfolgten das Schauspiel aus der Ferne und bemerkten so erst spät das Pferdegespann, welches zwischen einer kleinen Gruppe von jungen Weiden hervorkam und langsam auf sie zufuhr. Das Stinktier wackelte zielstrebig auf das Gefährt zu, kletterte unbeholfen auf den Kutschbock und nahm neben dem Fahrer Platz, der auf Höhe der Windklingen seine Pferde zügelte und sie mit einem weichen, fremden Akzent begrüßte. Auf der Ladefläche befanden sich einige große, stabile Eichenfässer.

“Allo, isch grüße eusch. Ihr 'abt eine Kutsche bestellt, oui?”, sprach er und schaute erwartungsvoll in die Runde.

“Hallo, ja da habt Ihr recht. Wieviel würde es denn kosten, uns nach Veraxio zu bringen?” sagte Rosa und der Kutscher beugte sich langsam zu ihr herunter. Mit hochgezogenen Augenbrauen antwortete er: “Aaah, du fragst misch nach dem Preis? Wenn ihr von mir ge'ört 'abt, dann wisst ihr genau, wieviel es kostet, non?”

“20 Silber pro Kopf”, sagte Kaya und der Fahrer lehnte sich wieder zurück und nickte. Er stellte sich als Jean Credo vor und sagte, dass er genau wüsste, wie er Leute unbemerkt nach Veraxio bringen könnte, jedoch müssten die Windklingen ihm zunächst genau sagen, was mit ihnen nicht stimmte und welche Geheimnisse sie verbargen.

Als alle diesen Vorwurf zurückwiesen, legten sich Zornesfalten über das Gesicht von Jean und nach und nach deutete er auf jeden der Gruppe: “OOOH MON DIEUX, was glaubt ihr wohl, was die mit eusch machen wenn ihr SO an der Grenze auftaucht? Was glaubt ihr denn, was die mit dir…” - er deutete auf Cord und sein Schwert auf dem Rücken - “…und dir…was auch immer du bist…” - er deutete auf Kaya - “…und dir…” - seine Armgeste schloss komplett Rosa ein - “…und dir und deinen fürschterlischen Augen…” - er deutete auf Bolli - “…und dir…whaaa…” - er schreckte kurz vor Tarnis zurück - “…und vor allem dir mit dem 'ier…” - er schnappte sich Rorys Hand - “…machen? Wenn ihr mir nischt offen und ehrlisch sagt, was ihr verbergt, kann isch eusch nischt 'elfen. Die beiden da stinken wie die 'unde und der da leuschdet mit seiner 'and wie ein Leuschtfeuer! Isch muss dementsprechend Vorkehrungen treffen. Also?” Wie es schien, war Pavel wohl der einzige der Gruppe, der unbehelligt über die Grenze kommen würde.

Notgedrungen erzählten die Freunde Jean von ihren “Besonderheiten”. von Rosa verlangte er, noch einmal den Inhalt ihres Rucksackes zu leeren. “Das da…lass das 'ier,” sagte er und deutete auf ein Stirnband, das sie aus den Tiefen ihres Beutels hervorkramte. Kaya zeigte Jean den Ring und sagte, dass ihr Problem eigentlich nur an dem vermaledeiten Schmuckstück läge, das sie nicht mehr herunter bekam.

“Uuuuh lala, isch kann dir 'elfen…aber deine 'and wirst du einige Zeit lang nischt benutzen können.” Kaya überlegte kurz, willigte dann aber ein, einen Versuch war es wert. Jean legte Kaya einen bläulich schimmernden und faustgroßen Kristall in die Hand mit dem Ring. Cord und Bolli sollten sie festhalten. Dann murmelte er etwas unverständliches und der Kristall begann daraufhin zu glühen und wurde heiß auf ihrer Haut. Kaya wollte ihn loslassen weil es anfing, auf der Haut zu brennen, doch Jean umschloss fest ihre Faust mit dem Stein darin. Es dampfte und schwarzer Rauch schien aus der Hand in den Stein hineingesogen zu werden und verwirbelte anschließend in der Luft. Die Hand schrumpelte förmlich zusammen und verharrte in einer verkrampften Haltung. Nahezu zeitgleich schrumpften jedoch Kayas Ohren und Füße wieder auf Normalgröße und auch die Haare auf den Füßen verschwanden. Kaya fühlte sich seltsamerweise gesättigt und ruhiger. Ihre Hand schmerzte nicht nur nicht mehr, vielmehr spürte sie gar nicht. Jean zog mit Leichtigkeit den Ring vom Finger und gab ihn Kaya. Anschließend verband er noch die Hand und meinte, dass es einige Tage dauern würde, bis sie die Hand wieder würde benutzen können. Ein Problem weniger sagte Kaya als sie ihre aufgerissenen Schuhe aus dem Rucksack fischte und hineinschlüpfte. Zugegeben, das Barfußlaufen als Hobbit war angenehmer gewesen als das Laufen in den besten Schuhen aber so war es richtig. Und andererseits ein Problem mehr, dachte sie, als sie ihre bandagierte Hand besah.

Fass erster Klasse

Jean Credo wies die Windklingen an, in die Fässer auf seiner Ladefläche hineinzuklettern - rätselhafterweise waren alle Fässer bis auf sechs mit Wein gefüllt - und sich in Gottes Namen ruhig zu verhalten, egal was sie hören sollten. So wollte er sie über die Grenze nach Veraxio bringen. Also krabbelte jeder in eines der Fässer, die gut und gerne ihre 130 liter fassten. Während Rosa, Cord und Kaya, selbst mit Pavel zusammen, einigermaßen Platz hatten, war es für Tarnis, Rory und Bolli weniger bequem. Ruckelnd setzte sich die Kutsche in Bewegung. Nach kurzer aber nicht gerade rückenschonenden Fahrt hörten die Freunde ein “Brrrr” von Jean und die Kutsche kam zum Stehen. Dann vernahmen sie eine fremde Stimme.

“Halt, im Namen Murus! Kontrolle, ihr kennt das ja…!”

Es wackelte kurz als Jean vom Kutschbock sprang. Die Windklingen konnten in ihren Fässern hören, wie ihr Fahrer mit dem Fremden sprach und sich von der Kutsche entfernte. Rosa und Rory überkam die Neugier und vorsichtig ploppten sie die Korken aus ihren Fässern heraus, sodass sie durch ein daumendickes Loch hinaus linsen konnten. Der Kontrolleur, mit dem Jean noch sprach trug eine metallene Bänderrüstung und einen einfachen Legionärshelm. Sie standen etwas abseits und unterhielten sich. Doch jemand anderes näherte sich nun der Kutsche. Die Windklingen konnten Schritte von mindestens zwei Personen hören und ein seltsames Schnuppern wahrnehmen. Alle hielten den Atem an um ja keinen Mucks zu machen. Rory sah von seiner Position als einziger, was da um sie herum schlich. Ein weiterer Soldat, ebenfalls mit Bänderrüstung und Helm, dieser allerdings mit einer Art breiter Pinsel oder Quaste von vorne nach hinten versehen, führte etwas an der Leine mit sich…oder besser jemanden. Das eine Ende des Strickes hielt der Mann fest in der Hand, das andere Ende war um den Hals eines Menschen gelegt. Zumindest sah es für Rory dem Körperbau nach nach einem Menschen aus, denn der Kopf war versteckt unter einer eisernen Maske und die gebückte Körperhaltung und die schlurfende Gangart erinnerten eher an ein Tier. Zudem schnüffelte der Angeleinte wie ein Hund an der Kutsche herum, bis er plötzlich von seinem vermeintlichen Herren zurückgezogen wurde als sein Kamerad und Jean zurückkamen. Jean stieg wieder auf den Kutschbock und ließ die Zügel schnalzen. Rasch setzten sich die Pferde wieder in Bewegung. Sie waren in Veraxio…

Mit den Wölfen heulen

Die Kutsche ruckelte noch eine Weile weiter bis sie erneut zum Stehen kam und Jean damit begann, nach und nach die Fässer zu öffnen um die Windklingen zu befreien. Die Nacht setzte bereits ein und weit und breit deutete kein Licht auf menschliches Leben hin in dieser eher kargen und gut überschaubaren Umgebung. Jean lud mithilfe der Windklingen die sechs leeren Fässer ab. Mit diesen würde er bei seinem Ziel nur auffallen und die Gruppe sollte sie demnach spurlos entsorgen. Dann wünsche er den Windklingen viel Glück und ließ seine Pferde mit einem Zügelschnalzen lostraben. Nicht nur der Fahrer, auch die Tiere schienen es nun sehr eilig zu haben.

Da standen die sechs Freunde nun, mitten im freien Feld, abseits des Weges, umgeben von verdorrten und verkümmerten Pflanzen und wenigen vereinzelten laublosen Bäumen, die jedoch auch keinen Schutz bieten würden. Wie auch immer, irgendwie mussten sie die Nacht im Freien überstehen. Cord ließ den Blick schweifen und schlug vor, zu einer nahegelegenen kleinen Hügelkette zu gehen, die die ersten Ausläufer des weiter entfernten Gebirges darstellte. Vielleicht fanden sie dort ja irgendeine Art Schutz. Die Fässer rollten sie vor sich her.

Angespannt suchten alle die Umgebung ab, doch es war nicht hell genug um mehr als Schatten und Schemen erkennen zu können. Dann wurde es etwas heller denn die Wolken, die bislang den Mond verdeckt hatten, schoben sich nun langsam zur Seite und enthüllten einen wundervollen und satten Vollmond. Kaya und Rosa sahen es gleichzeitig und deuteten in die Ferne. Mehrere Schatten bewegten sich parallel zu ihnen. Wahrscheinlich mehrere Tiere auf der Suche nach Nahrung. Sie deuteten den anderen, stehen zu bleiben und still zu sein. Dann durchbrach ein Schnuppern und ein leises kehliges Knurren die Stille. Entsetzt blickten alle zu Tarnis, der langsam auf alle Viere sank und ganz offensichtlich einen inneren Kampf mit sich ausfocht. Bitte nicht, dachte sich Kaya. Bitte nicht unbedingt jetzt, denn noch hatten die Schatten die Freunde nicht bemerkt. Alle zogen ihre Waffen und bereiteten sich vor auf was auch immer gleich kommen mochte.

Dann brach Tarnis die angespannte Atmosphäre, vielmehr sprengte er sie indem er auf allen Vieren über eines der Fässer hechtete und knurrend und zähnefletschend in Cords Richtung sprintete. Cord wich dem heranstürmenden Tarnis geistesgegenwärtig mit einem Sprung zur Seite aus und rammte ihm sein silbernes Kukri in die Flanke. Tarnis heulte auf und fiel zu Boden. Schnell stülpte Cord ein leeres Fass über den am Boden kauernden Tarnis und zwar keine Sekunde zu früh denn schon preschten die fremdartigen Tierwesen über die trockene Graslandschaft heran. Sie waren noch einige hundert Meter entfernt doch im Mondlicht konnten die Windklingen nun deutlich acht wolfähnliche Biester erkennen, die knurrend und jaulend auf die Gruppe zueilten. Eines der Ungeheuer stach durch seine enorme Größe deutlich aus dem Rudel heraus.

Die Windklingen stellten sich mit gezückten Waffen hinter eine Reihe aus dem einzigen, was ihnen hier einigermaßen Schutz zu bieten schien, nämlich ihre Fässer. Kaya, aufgrund ihrer verletzten Hand lediglich mit Schwert und nicht mit Schild ausgestattet, stand hinter dem Fass unter dem Tarnis nun anfing, zu randalieren und versuchte auszubrechen. Schnell warf sie sich mit ihrem Körpergewicht auf das Fass und drückte es wieder zu Boden. Doch mit nur einer Hand, in der sie auch noch ihr Schwert krampfhaft festzuhalten versuchte, konnte sie sich nicht gerade gut festhalten und so rutschte sie ab. Tarnis bäumte sich auf und stieß sowohl Fass als auch Kaya von sich. Unter einem Brüllen zog er sich das Kukri aus der Seite und stürmte auf Bolli los, der ihm nun am nächsten stand. Der wiederum war so konzentriert auf die herannahenden Bestien, dass er Tarnis zu spät bemerkte und sich erst im letzten Moment zu ihm herum drehte. Tarnis stürzte sich auf Bolli, wurde jedoch von ihm zurückgeschmettert. Allerdings gelang es ihm noch, Bollis schützendes Amulett vom Hals zu reißen. Ja, warum nicht auch das noch, dachte sich Kaya, die rücklings auf dem Boden lag. Bolli verfiel nun wieder in seinen blinden Kampfrausch, während dem er zwar ungemein stärker war, aber auch nicht mehr zwischen Freund und Feind zu unterscheiden vermochte. Wenigstens Tarnis schien nun wieder bei klarem Verstand zu sein. Einigermaßen.

Zeig dein wahres Gesicht

Dann war das Rudel heran. Rosa deckte sie mit einer Salve an Steinen ein und Cord rollte ihnen eines der Fässer mit einem kräftigen Tritt entgegen, was dazu führte, dass einer der Wölfe getroffen wurde und sich überschlug. Die restlichen rannten unbeirrt weiter und nun erkannten die Freunde auch, dass es sich hierbei keineswegs um Wölfe handelte denn die Bestien entblößten zunächst fletschend ihre Zähne und dann zog sich ihre komplette Gesichtshaut wie eine Kapuze nach hinten weg und offenbarte blanke rote Sehnen und Muskelfleisch. Whäääh!

Nun teilte sich das Rudel und mindestens eines der Monster konzentrierte sich nun auf jeweils eine Windklinge. Ein Monster schnappte über ein Fass hinweg nach dem dahinter stehenden Rory. Rosa schaute ebenfalls, dass stets eines der Fässer zwischen ihr und den Biestern war und rannte auf Abstand um die Fässer und das Rudel während sie einen Stein nach dem anderen schleuderte. Tarnis und Bolli - der zum Glück sein Gegner in einem der Monster gefunden hatte - setzten jeweils einem der Biester stark zu während Cord gleich zweien gegenüber stand, die ihn von zwei Seiten angriffen und nach ihm schnappten.

Kaya hatte sich derweil gerade erst aufgerappelt, was mit einer Hand nicht so einfach war, da wurde sie auch schon von einem heranspringenden Monster erneut zu Boden gerissen. Es war das größte der Tiere, der vermeintliche Alpha, der nun über ihr stand und sie mit seinen krallenbesetzten Pranken auf den Boden drückte. Mit der verletzten Hand drückte sie fest gegen Hals und Kopf der beißenden Bestie, um seinen schnappenden Kiefer zumindest von ihrer Kehle fern zu halten, während sie mit ihrer unverletzten dem Biest ihr Schwert in die Flanke rammte. Das Monster jaulte auf, ließ jedoch nicht von ihr ab und drückte sie weiterhin auf den Boden. Verzweifelt drehte Kaya das Schwert in der Wunde herum und drückte es noch tiefer in das Fleisch der Bestie. Lange würde sie so jedoch nicht aushalten denn der Alpha schien zwar Schmerzen zu haben, doch seine scharfen Reißzähne vergruben sich mehr als einmal in Kayas Schultern und Armen.

Cord blutete mittlerweile ebenfalls aus mehreren Wunden, hatte aber eines der Biester erledigt und somit noch eines gegenüber stehen. Er stieß das Monster kräftig zurück um sich etwas Luft zu verschaffen und eilte zu Kaya. Mit einem schweren Hieb traf er die Flanke des Alphas und verschaffte Kaya somit einen kurzen Augenblick in dem sie neu ansetzen konnte. Doch noch immer thronte das Monster auf ihrem Brustkorb und Kaya verließen die Kräfte. Sie blutete stark und das Atmen fiel ihr schwer und schließlich verlor sie das Bewusstsein. Cord führte einen weiteren Schlag aus, diesmal bohrte sich seine Klinge tief zwischen die Rippen des Monsters und es ließ ab von Kaya und ging nun auf Cord los. Dieser erhielt jedoch noch rechtzeitig Unterstützung von Tarnis, der dem ersten Wolf, der nun in Cords Rücken springen wollte, kräftig von hinten in die Klöten trat.

Rosa eilte zu Kaya und drückte auf ihre Wunden um die Blutung zu stoppen. Dann flößte sie ihr rasch einen der Heiltränke ein, die sie verbotswidrigerweise nicht vor der Grenze zurückgelassen hatte. Dies war Kayas Glück und ihr Gesundheitszustand stabilisierte sich und Kaya kam langsam wieder zu sich. Cord schaute sich hektisch um und positionierte sich dann so, dass der Alpha zwischen ihm und Bolli stand, während Tarnis und Rory ihm den Rücken frei hielten und die drei übrigen Bestien bekämpften. Cord rief nach Bolli um seine Aufmerksamkeit in seine Richtung zu lenken. Bolli drehte sich um und konzentrierte sich wie erhofft auf das nächstbeste Ziel, das ihm in den Blick kam, den Alpha. Bolli musste einige Bisse einstecken, schaffte letztlich jedoch unter letzter Kraftaufwendung den tödlichen Schlag bevor er erschöpft zusammen brach.

Tarnis, Rory und Cord töteten die verbliebenen Bestien und atmeten kurz durch. Doch viel Zeit zum Erholen blieb ihnen nicht und Cord suchte eilig Bollis Amulett um es ihm umzulegen bevor er Rosa und Rory bei der Wundversorgung half. Tarnis war derweil auf die Knie zusammengesunken, atmete schwer und schaute mit leerem Blick in Richtung Himmel. Rory ging langsam auf ihn zu und sprach beruhigend auf ihn ein. Kaya war mittlerweile wieder auf wackligen Beinen und sah zu Tarnis und Rory hinüber. Sie folgte Tarnis' Blick zum Vollmond und da kam ihr das Dimirithium in den Sinn, das sie bei Alkyonitenpriestern extra für Tarnis' lysanthropisches Problem erworben hatte. Aufgrund seiner verfrühten Abreise aus dem Land der Lesath hatte Kaya es jedoch bei sich behalten und schlichtweg vergessen, dass sie es hatte. Doch jetzt durchsuchte sie ihren Rucksack nach den kleinen Fläschchen mit dem kostbaren schwarzen Pulver, das Tarnis hoffentlich helfen würde, seine Werwolftriebe zu unterdrücken. Kaya band um eine der kleinen Flaschen ein dünnes Lederband und bastelte somit eine notdürftige Halskette, die sie Tarnis vorsichtig umlegte. Ob es an dem Mineral lag oder an Kayas Berührung oder Rorys sanftes Zureden, Tarnis beruhigte sich jedenfalls.

Die Ruhe nach dem...der Sturm nach dem Sturm

Die Freunde schauten sich an. Aus jedem Gesicht waren Schock, Schmerz und Erschöpfung zu lesen. Rosa und Cord begannen damit, zwei der Bestien das Fell abzuziehen, dem Alpha und einem kleineren, dessen Fell am wenigstens durchlöchert war. Kaya begnügte sich damit, einige Zähne und Krallen herauszubrechen bzw. zu ziehen. Rory ließ derweil seinen Blick über ihre Umgebung schweifen.

“Ääääh, Leute…” stockte er. Kaya blickte zu ihm auf.

“Verdammt!” fluchte sie als sie die dicke, dunkle Nebelwand sah, die sich stetig auf die Freunde zubewegte. “LAUFT!” Und mit diesem Wort sprang sie auf und rannte, was ihre Beine her gaben.

Rory und Cord sprinteten ebenfalls los und liefen auf ihrer Höhe und auch Rosa war dicht hinter ihnen. Aus ihrem Rücken waren entsetzliche Schreie zu hören. Es klang nach nicht menschlichen Schreien. Im Laufen schauten sie über die Schulter zurück. Aus dem Nebel hinter ihnen formten sich Schatten. Zunächst schemenhaft, dann immer deutlicher tauchten Menschen auf. Zumindest sah es der Statur nach halbwegs nach Menschen aus, doch was da aus dem Nebel kam und ihnen hinterherrannte, schien keine Haut mehr zu haben. Sehnen und blankes rotes, blutiges Muskelfleisch war zu sehen. Als hätte man einfach eine arme Seele bei lebendigem Leib gehäutet, welche jedoch nicht sterben wollte. Nur weg hier.

“Scheiße, Tarnis und Bolli,” entfuhr es Kaya. Die beiden waren noch an Ort und Stelle und kauerten am Boden.

Rory verlangsamte und schrie immer und immer wieder ihre Namen bis sie endlich reagierten und aufblickten…